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Was versteht man eigentlich unter Burnout?

Mit dem Begriff Burnout, also ausbrennen, wird ein arbeitsbezogenes Syndrom bezeichnet, für das besonders für Angehörige sozialer Berufe eine besondere Gefährdung besteht, von dem jedoch auch Menschen anderer Berufsgruppen betroffen sein können. Der Analytiker Freudenberger stieß in den 70-iger Jahren die Burnout -Diskussion an und er hatte den Begriff Burnout benutzt, um eine Beobachtung begrifflich zusammenzufassen, die vor allem besonders aufopferungsvolle, pflichtbewusste und engagierte Mitarbeiter aus Selbsthilfe-, Kriseninterventions- und Drogeneinrichtungen betrafen. Sie bildeten zunächst körperliche Symptome von Müdigkeit und Erschöpfung aus und entwickelten sich später zu reizbaren, misstrauischen und halsstarrigen Mitarbeitern, bei denen negative und sogar zynische Einstellungen zur Arbeit und zu den Klienten vorherrschten. Gleichzeitig fand man bei den Mitarbeitern Anzeichen einer Depression. „Wer ausbrennt, muss vorher entflammt gewesen sein“. Dieser sehr wichtige Satz weist darauf hin, dass besonders die sehr engagierten, hoch motivierten, idealistischen, aufopferungsvollen und pflichtbewussten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefährdet sind auszubrennen, wenn es ihnen an institutioneller Unterstützung mangelt und sie ihren persönlichen Ressourcen dauerhaft zu wenig Beachtung schenken.

Welche Symptome finden wir nun beim so genannten Burnout?

Schaufeli (1992) klassifizierte die Burnout -Symptome in fünf Kategorien:
  • Soziale Symptome von Burnout
  • Psychische Symptome von Burnout
  • Symptome auf der Verhaltensebene
  • Physische Symptome von Burnout
  • Problematische Einstellungen im Umgang mit Klienten

Soziale Symptome von Burnout:

Hierunter zählt Schaufeli den Verlust von positiven Gefühlen gegenüber den Klienten, das Verschieben von Gesprächskontakten, Widerstand gegen Anrufe, die Unfähigkeit, sich auf die Klienten zu konzentrieren und ihnen zuzuhören. Im Umgang mit Kolleginnen und Kollegen findet sich Isolierung und Rückzug sowie die Tendenz Arbeitsdiskussionen zu vermeiden. Im privaten Bereich finden sich Partnerschafts- und Familienprobleme sowie zunehmende soziale Isolation.

Psychische Symptome von Burnout:

Schaufeli benennt hier den Widerstand täglich zur Arbeit zu gehen, Gefühle des Versagens, Ärgers und Widerwillens, Schuldgefühle, Entmutigung und Gleichgültigkeit, Misstrauen und paranoide Vorstellungen, Frustration, Projektionen, Konzentrationsstörungen. Hinzu kommen nervöse Ticks und/oder Verspannungen.

Symptome auf der Verhaltensebene bei Burnout:

Hier finden sich vermehrter Tabakgenuss, exzessiver Alkohol- oder Kaffeekonsum, erhöhte Aggressivität. Die Arbeit ist insgesamt weniger effizient, es werden längere Pausen gemacht oder es kommt zu größeren Fehlzeiten am Arbeitsplatz.

Physische Symptome von Burnout:

Schaufeli benennt psychosomatische Beschwerden wie tägliche Gefühle von Müdigkeit und Erschöpfung, extreme Müdigkeit nach der Arbeit, Schlafstörungen und sexuelle Probleme. Hinzu kommen häufige Erkrankungen wie Erkältungen und Grippe, Kopfschmerzen und Magen-Darm-Beschwerden. Physiologisch finden sich erhöhter Herzschlag, erhöhte Pulsfrequenz und ein erhöhter Cholesterinspiegel.

Problematische Einstellungen im Umgang mit Klienten bei Burnout:

Die von Burnout betroffenen Menschen neigen zu Zynismus, schwarzem Humor, verminderter Empathie, Stereotypisierung von Klientinnen und Klienten, Demonstration von Machtlosigkeit bei der Arbeit, negative Arbeitseinstellung, Desillusionierung und Verlust von Idealismus. Burnout -Symptome treten nicht plötzlich auf, kennzeichnend sind eher ein schleichender Beginn und eine allmähliche Verschlechterung. Folgende Warnsignale können auf Burnout hindeuten: Am Anfang der Entwicklung steht häufig ein Überengagement für den Beruf, Arbeit als wichtigster Lebensinhalt und Quelle für Selbstbestätigung. Das wachsende Gefühl der eigenen Unentbehrlichkeit geht mit der Verleugnung eigener Bedürfnisse, die außerhalb der beruflichen Tätigkeit liegen, einher. Wenn die Ausgewogenheit zwischen Anstrengung, Belohnung, Anerkennung und Regenerationszeit nicht mehr gegeben ist, können sich folgende Warnsignale für Burnout einstellen:
  • Nicht zur Arbeit gehen wollen
  • Fortgesetztes Klagen wegen Arbeitsunlust oder Überforderung
  • Sich wie abgeschnitten von der Welt fühlen
  • Das Leben schwer und dumpf erleben
  • Irritierbarkeit, Ablenkbarkeit, Gereiztheit und Unduldsamkeit zu Hause
  • Häufige Erkrankungen ohne Ursache
  • Flucht und Selbstmordgedanken (nach Kaslow und Schulman, 1987)

Wodurch kann das Burnout - Syndrom entstehen?

Folgende Faktoren können das Ausbrennen beim Menschen, insbesondere in sozialen Berufen, begünstigen: Geht man von einem Individuum bezogenen Ansatz aus, der beinhaltet, dass die Burnout -Ursachen und –Risiken vor allem in Merkmalen der Einzelperson zu vermuten sind, so werden als Hauptursache Enttäuschung und Frustration infolge unrealistischer Zielsetzungen und zu hohe Erwartungen als Kern des Burnout - Syndroms benannt. Neben unrealistischen Größenvorstellungen - bezogen auf eigene Wirksamkeit - spielen auch Probleme mit zu großer Nähe zum Klientel, möglicherweise im Sinne einer Identifikation und allgemeine Abgrenzungsschwierigkeiten eine Rolle. Aus arbeits- und organisationspsychologischer Sicht ist die Wahrscheinlichkeit emotionaler Erschöpfung um so größer, je höher die Arbeitsbelastung ist (Arbeitsstunden insgesamt, Zeitdruck in der Arbeit) und je mehr Zeit für Verwaltungsarbeiten beansprucht wird zu Lasten der Patientenkontakte. Das Selbstwirksamkeitserleben der Arbeitenden wird reduziert, wenn
  • komplizierte Verwaltungsvorschriften das Regeln einfacher Dinge erschweren
  • es Probleme in der Interaktion mit Patienten gibt und/oder
  • wenn Rollenkonflikte und Erfolgsunsicherheit bestehen.
Als weiterer sehr belastender Faktor werden regelmäßige Konfrontationen mit Gewalt, Tod und Sterben benannt, Rückzugsverhalten und geringe Identifikation mit der Institution.

Diagnostik des Burnout

Bei Aufnahme zur stationären Behandlung in der Abteilung Psychosomatik/Psychotherapie in der Wicker-Klinik erfolgt zunächst eine gründliche körperliche Untersuchung um abzuklären, ob es sich tatsächlich um Burnout handelt oder um eine andere körperliche Erkrankung. Nach Ausschluss der körperlichen Ursachen erfolgt eine psychotherapeutische Diagnostik in Form eines tiefenpsychologisch orientierten Erstinterviews, bei der die biografischen Daten der Anamnese erhoben werden. Im Rahmen der Arbeitsdiagnostik erfolgt das subjektive Erfassen, das szenische Verstehen der interaktionellen Vorgänge um die berufliche Tätigkeit. Dies beinhaltet eine genaue Schilderung und Darstellung des Arbeitsplatzes und dessen Bereiche. Es werden die Arbeitsaufgaben und –abläufe betrachtet, hierarchische Stellung am Arbeitsplatz und der subjektive Arbeitsstil sowie das persönliche Verhältnis zur eigenen Berufstätigkeit. Als weiteres erfolgt die Betrachtung der persönlichen Hintergründe, die zum Burnout führen oder mit beitragen. Hier spielen insbesondere persönliche Ansprüche und Erwartungen eine Rolle, die sich meist aus der Beziehung zu den frühen Bezugspersonen und deren Erwartungen an die Patienten und Patientinnen speisen. Im Weiteren werden gemeinsam mit der Patientin oder dem Patienten die persönlichen oder organisationsbezogenen Ressourcen des Arbeitsplatzes aufgespürt. Die persönlichen Ressourcen können sehr vielfältig sein, umfassen eigene Fähigkeiten und Stärken sowie unterstützende Beziehungen und Betätigungen außerhalb des Arbeitsfeldes wie Lesen, Schwimmen, Joggen, Schlafen u. ä. Die organisationsbezogenen Ressourcen umfassen Teamarbeit, flexible Arbeitszeitmodelle, Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten, Autonomie und Gestaltungsspielräume im eigenen Tätigkeitsfeld.

Therapeutischer Rahmen bei Burnout:

Der therapeutische Rahmen beinhaltet neben der Diagnostik hauptsächlich ein verhaltenstherapeutisches Therapieprogramm mit themenzentrierten, tiefenpsychologisch und gestaltungstherapeutischen Methoden. Außer Gruppenpsychotherapie und Einzelgesprächen werden Kreativverfahren wie Kunst-, Werk- und Bewegungstherapie angeboten. Besonders diese Verfahren machen die Patientinnen und Patienten mit ihren persönlichen Ressourcen vertrauter. Sie entdecken eigene Kompetenzen und Ausdrucksmöglichkeiten, die das Selbstwertgefühl stärken und die Konfliktbewältigung fördern. Viele Patientinnen und Patienten bekommen hier auch erstmals einen Zugang zu ihren kreativen Fähigkeiten. Entspannungsverfahren unterstützen den Erholungs- und Regenerationsprozess, die Rückgewinnung verloren gegangener Energien. Balneo-physikalische Maßnahmen wie Massagen, Fango und Entspannungsbäder dienen ebenfalls der Wiedererlangung des leib-/seelischen Wohlbefindens und verbesserter Lebensqualität. Für Fragen in Bezug auf gesunde Ernährung oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten steht eine Ernährungswissenschaftlerin als Beraterin zur Verfügung. Im Rahmen der Sozialberatung können Fragen der beruflichen Wiedereingliederung, der beruflichen Neuorientierung, der Nachsorge und anderes mit der Beraterin geklärt werden. Die Behandlungsdauer beträgt in der Regel vier bis sechs Wochen, bei genauer Indikationsstellung ist eine Verlängerung bzw. eine Verkürzung möglich.

Nachsorge bei Burnout:

Um die Kontinuität der Therapie zu erreichen sind wir im Rahmen der Nachsorge bemüht, ambulante Therapiemöglichkeiten, sofern notwendig, mit einzuleiten. Wir bieten Informationen über Anlaufmöglichkeiten, die die Patientinnen und Patienten nach der Entlassung für sich nutzen können. Für Patientinnen und Patienten, die über die Rentenversicherung zum stationären Heilverfahren kommen, gibt es die Möglichkeit der intensivierten Rehabilitationsnachsorge (IRENA). Dies ist ein Nachsorgeprogramm, welches der Rentenversicherungsträger in der Nähe des Heimatortes anbietet, um die Therapieziele, die während des stationären Aufenthaltes erarbeitet wurden, im Rahmen der Nachsorge weiter zu festigen. Wir vertreten in der Klinik im Bereich der Psychosomatik/Psychotherapie einen ganzheitlichen Therapieansatz, der die Balance von Körper, Seele und sozialer Situation jedes Einzelnen berücksichtigt. Verfasser: Dr. med. Gabriele Fröhlich-Gildhoff