Ihre Gesundheit, unsere Verantwortung – Qualität und Sicherheit während der Covid-19 Pandemie

Seele und Herz- Einleitung:

Dass es einen Zusammenhang zwischen Seele und Herz gibt, ist seit vielen 100 Jahren bekannt und findet sich in zahlreichen Redewendungen, in der Literatur, in der Musik und im Laienverständnis wieder. So sprechen wir davon, dass uns „das Herz im Leibe hüpft“, wenn wir sagen wollen, dass wir uns freuen, oder dass „wir das Herz auf der Zunge tragen“, wenn es uns schwer fällt Geheimnisse für uns zu behalten oder aber, dass uns „das Herz bricht“, wenn wir schmerzhafte Verluste durch Trennung oder Tod erleiden. Als „herzlos“ gelten Menschen, wenn sie kein Mitgefühl zeigen, während eine „herzliche Beziehung“ einen Umgang, der von Freundschaft oder Empathie getragen wird, beschreibt. Von Reiner Maria Rilke (1875 bis 1926) erfahren wir in seinem Gedicht „Mein Herz“, dass er dieses an seine „Liebe verschenkt“ hat. Herbert Grönemeier besingt in dem Lied „Fluzeuge im Bauch“ das Ende einer Liebe: „Gib mir mein Herz zurück, Du brauchst meine Liebe nicht, gib mir mein Herz zurück, bevor es auseinander bricht ...“.

Seele und Herz - die Wiederentdeckung

Obwohl diese leib-seelischen Zusammenhänge schon sehr lange bekannt sind, ist das selbstverständliche Wissen darum in der Schulmedizin für lange Zeit in Vergessenheit geraten. Erst in den letzten Jahren, seitdem dem biopsychosozialen Gesundheits- und Krankheitsverständnis mehr Beachtung geschenkt wird, werden mehr wissenschaftliche Untersuchungen zu leib-seelischen Zusammenhängen und sozialen Aspekten veröffentlicht. So finden sich insbesondere für die koronare Herzkrankheit und den Hypertonus zahlreiche Belege dafür, dass diese Erkrankungen durch seelische Prozesse beeinflusst werden, wie etwa, wenn sich jemand etwas „zu sehr zu Herzen nimmt“.

Frauen sind besonders von Herz-Kreislauf-Erkrankungen betroffen:

Im Jahre 2004 starben in Deutschland 216.000 Frauen und 153.000 Männer an den Folgen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Bei Frauen stellen sie prozentual die Hauptursache von schweren Erkrankungen dar und sind für 50 % der Todesfälle bei Frauen verantwortlich. Im Unterschied zu Männern nehmen die Herz-Kreislauf-Erkrankungen – insbesondere bei jüngeren Frauen – in den letzten Jahren deutlich zu. Die Tatsache, dass deutlich mehr Frauen an Herz-Kreislauf-Erkrankungen versterben als Männer ist in der Öffentlichkeit eher unbekannt. Möglicherweise spricht auch der überkommende Mythos, dass der Herzinfarkt eine typische Männer- oder Manager-Erkrankung ist, dabei eine Rolle, dass Frauen mit Herzinfarkt eine durchschnittlich 45 Minuten längere Prähospitalphase haben als Männer (Herzinfarktregisterstudie MITRA). D. h., dass Frauen rund 45 Minuten später als Männer den möglicherweise lebensrettenden Maßnahmen in Kliniken zugewiesen werden. Da insbesondere in der Frühphase des akuten Herzinfarktes die unmittelbare Sterblichkeit am größten ist, ist die verlängerte Prähospitalzeit bei Frauen besonders kritisch zu bewerten.

Seele und Herz - Was (Frauen-) Herzen krank macht:

Frauen stellen in der kardiologischen Forschung eine Minderheit dar und wenn sie in Studien einbezogen werden, werden die Ergebnisse meist nicht zwischen Frauen und Männern differenziert. D. h., Aspekte der Gender-Forschung spielen derzeit in der Kardiologie wie in vielen anderen organmedizinischen Fachdisziplinen noch kaum eine Rolle. Trotzdem finden sich insbesondere bei seelischen und sozialen Faktoren, die das Risiko einer Herzerkrankung erhöhen, einige frauentypische Faktoren. Die körperlichen Risikofaktoren, die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, eine Herzerkrankung zu entwickeln, sind vielen Menschen hinlänglich bekannt, da sie seit Jahren durch Presse und Fernsehen der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Hierzu gehören insbesondere: Herzerkrankungen in der Familie, Hypertonie, Störungen des Fettstoffwechsels, Zigarettenrauchen, Übergewicht, Bewegungsmangel, Diabetes mellitus, Einnahme von Kontrazeptiva und die Menopause mit der Hormonersatztherapie. Frauen sind statistisch durchschnittlich in einem höheren Lebensalter als Männer von Herzerkrankungen betroffen. Dass in den letzten Jahrzehnten tendenziell zunehmend mehr jüngere Frauen von Herzerkrankungen betroffen sind, erklärt sich wahrscheinlich dadurch, dass die Zahl der Zigarettenraucherinnen immer mehr ansteigt und das Einstiegsalter der Raucherinnen immer weiter nach unten geht. In der Altersklasse unter 20 Jahren rauchen mittlerweile mehr junge Frauen als junge Männer. Bei Frauen wird das Risiko für einen Herzinfarkt durch Rauchen oder durch die Einnahme von Kontrazeptiva um das zwei- bis vierfache gesteigert. Die Kombination beider Faktoren führt zu einem 40-fach erhöhten Risiko.

Seele und Herz - psychische Risikofaktoren

Psychische Faktoren, die das Risiko einer Herzerkrankung erhöhen, spielen im Denken vieler Organmediziner noch immer kaum eine Rolle, obwohl zahlreiche Studien die Zusammenhänge eindeutig belegen. Als psychische Risikofaktoren, die die Wahrscheinlichkeit von Herzerkrankungen erhöhen, gelten seit Ende der 90-iger Jahre Depressionen, Ängstlichkeit, chronischer Ärger und vitale Erschöpfung (Müdigkeit, Unsicherheit und Niedergeschlagenheit) als gesichert. Bei negativen Affekten wie Feindseligkeit, Zynismus, Misstrauen und Verstimmung wird ein Zusammenhang vermutet. In einer amerikanischen Studie wurden 100000 Frauen zwischen 50 und 79 Jahren untersucht. Ein Ergebnis der Studie war, dass depressive Frauen ohne bekannte koronare Herzkrankheit ein um 58% erhöhtes Risiko hatten, einen Herzinfarkt zu erleiden als Frauen ohne Depression (siehe auch meine Beiträge zu den Themen Frauengesundheit und Männergesundheit). Da bei Frauen sowohl Depression wie auch Angsterkrankungen zwei- bis dreifach häufiger als bei Männern auftreten, sind sie von den psychischen Risikofaktoren in besonderer Weise betroffen. Obwohl über die pathophysiologischen Zusammenhänge von Depression und Herzerkrankungen noch wenig bekannt ist, wird davon ausgegangen, dass neurochemische Interaktionen zu einer Störung der autonomen Nervenfunktion am Herzen führen und, dass die Thrombozytenfunktion sich abhängig von verschiedenen Stimmungszuständen verändert. Letzteres kann zur Thrombenbildung und anschließend zum Herzinfarkt führen.

Seele und Herz - soziale Risikofaktoren

Als soziale Risikofaktoren für die Entstehung von Herzerkrankungen gelten zum Beispiel ein niedriger ökonomischer Status und ein niedriger Bildungsstand. Vermutlich hängt dies u.a. mit einer höheren Stressbelastung bei Menschen zusammen, die von Armut betroffen sind. Da mehr Frauen als Männer arm sind, sind Frauen auch von diesem Risikofaktor besonders betroffen. Hinzu kommt, dass viele Menschen mit geringem Bildungsstand oft wenig Bewusstsein für gesunde Lebensführung ausbilden konnten und Risikofaktoren wie Rauchen, Übergewicht und Bewegungsmangel hier häufiger zu finden sind. Während beruflicher Stress in Form von hoher Arbeitsbelastung und geringer Entscheidungskompetenz eher Männerherzen gefährdet, ist für Frauenherzen insbesondere Stress im Privatleben und in der Partnerschaft gefährdend. Da Frauen in Familien und in der Partnerschaft meist mehr Beziehungsverantwortung tragen, sind sie für Beziehungsstörungen besonders sensibel und dann vermehrt durch Stress belastet, was wiederum das Herzerkrankungsrisiko erhöht. Auch soziale Isolation und Einsamkeit führen bei Frauen und bei Männern zu einem Anstieg von Herzerkrankungen.

Seele und Herz - wie können Frauen ihre Herzen besser stärken und schützen:

Frauen sollten die Gesundheit ihres Herzens selbst in die Hand nehmen. Es ist besser präventiv zu handeln als später behandelt werden zu müssen. Außerdem stärkt Selbstbehandeln das Selbstbewusstsein und macht zufriedener als Behandlungsbedürftigkeit. Frauen können lernen, „sich nicht alles so zu Herzen zu nehmen“, sich besser abzugrenzen, Beziehungsverantwortung gerechter zu teilen, eigene Bedürfnisse mehr wahrzunehmen und bei der Umsetzung positive Selbstwirksamkeitserfahrungen zu machen. Frauen sollten sich gut informieren und präventiv so viele Risikofaktoren wie möglich senken. D. h., sie sollten mit dem Rauchen aufhören und möglichst keine Hormone einnehmen. Frauen sollten sich gesund ernähren, also fettarm, viel Obst und Gemüse, Ballaststoffe, Vollkornprodukte zu sich nehmen, nicht hastig und viel essen, sondern die Mahlzeit in Ruhe genießen. Frauen sollten sich mehr bewegen, d. h., eine sportliche Form finden, die Freude macht und die sie zwei- bis dreimal pro Woche mindestens 30 Minuten durchführen. Dies kann Tanzen, Laufen, Schwimmen, Radfahren oder andere Formen von körperlicher Aktivität sein. Wichtig ist Regelmäßigkeit und die Belastung im „Wohlfühlbereich“ zu halten, damit der Spaß dabei erhalten bleibt. Siehe auch meinen Beitrag: Psychotherapie und Sport Regelmäßiges Körpertraining wirkt sich auch ausgesprochen positiv bei Depressionen und Angsterkrankungen aus und schützt daher das Herz sowohl aus körperlicher als auch seelischer Sicht. Frauen, die an manifesten Depressionen oder Angsterkrankungen leiden, sollten sich damit nicht isolieren und zurückziehen, sondern therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen. Ggf. kann bei schweren seelischen Erkrankungen außerdem eine medikamentöse Unterstützung hilfreich sein, Nutzen und Risiken müssen individuell abgewogen werden. Eine zuverlässige und ressourcenaktivierende Therapie bei Depressionen und Ängsten verbessert deutlich die individuelle Lebensqualität der Frauen und senkt das Risiko von Herzkrankheiten. Die Psychotherapie sollte so aufgebaut sein, dass Frauen sich in ihrem Selbstwirksamkeitserleben gestärkt fühlen und, dass sie sich Bewältigungsstrategien für Konflikte im beruflichen wie im privaten Umfeld erarbeiten. Die Wiedererlangung von Entscheidungs- und Entfaltungsmöglichkeit senkt den sozialen Stress, was wiederum einen Schutz für das Herz darstellt. Auch sollten sich Frauen gut vernetzen und sozial unterstützen, wann immer dies möglich ist. Auch dies tut dem Herzen und der Seele ausgesprochen wohl und senkt das Erkrankungsrisiko. Frauenarmut als wichtiger psychosozialer Risikofaktor für (Herz-) Krankheit muss energischer und klarer auf politischer Ebene benannt und bekämpft werden. Dazu gehört unter anderem, dass Frauenarbeit besser bezahlt wird und, dass Voraussetzungen geschaffen werden, dass mehr Frauen auch mit Kindern erwerbstätig sein können, z. B. in dem bessere Kinderbetreuungsmöglichkeiten institutionell geschaffen werden. Es gibt für Frauen viele Möglichkeiten ihrer Seele und ihrem Herz Gutes zu tun, sie zu stärken und zu schützen. Wichtig scheint, dass Frauen lernen, ihr Leben beherzt in die eigenen Hände zu nehmen, um für ihre Gesundheit und ihre Herzenswünsche zu sorgen. Verfasser: Dr. med. G. Fröhlich-Gildhoff