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Fatigue-Syndrom durch Long Covid: Wenn die Erschöpfung nicht aufhört

Fatigue zählt zu den häufigsten Symptomen bei Long COVID und kann Alltag und Lebensqualität stark beeinträchtigen. Erfahren Sie, wie das Fatigue-Syndrom erkannt wird und welche Strategien im Alltag und Reha-Angebote helfen können.

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Auch Jahre nach der Pandemie ist Corona für viele noch nicht vorbei – nicht wegen der Infektion selbst, sondern wegen ihrer Folgen. Menschen mit Long COVID fühlen sich oft noch Wochen oder Monate später so müde und erschöpft, dass sie ihren Alltag kaum bewältigen können. Hält dieser Zustand über längere Zeit nach der akuten Corona-Infektion an und treten selbst bei kleinsten Anstrengungen extreme Erschöpfung und Kraftlosigkeit auf, kann dies auf das chronische Erschöpfungssyndrom hinweisen – auch bekannt als Fatigue-Syndrom.

Was versteht man unter dem Fatigue-Syndrom?

Fatigue ist das französische Wort für Müdigkeit oder Erschöpfung und bezeichnet im medizinischen Kontext einen anhaltenden, starken Erschöpfungszustand, der sich nicht durch Schlaf oder Ruhe bessert. Das Fatigue-Syndrom beschreibt einen Zustand jenseits von Müdigkeit – es beeinträchtigt nicht nur die körperliche, sondern auch die kognitive und emotionale Leistungsfähigkeit. Das Fatigue-Syndrom steht nicht ausschließlich im Zusammenhang mit Long Covid. Vielmehr kann es durch eine Vielzahl unterschiedlicher Ursachen ausgelöst werden. Neben Infektionskrankheiten wie COVID-19 zählen auch Tumorerkrankungen, Autoimmunerkrankungen, Hormonstörungen sowie anhaltender psychischer oder körperlicher Stress und psychosoziale Belastungen zu den möglichen Auslösern. 

Long COVID als Auslöser für das Fatigue-Syndrom

Fatigue zählt zu den häufigsten Spätfolgen nach einer überstandenen Corona-Infektion. Viele Menschen, die unter Long COVID leiden, berichten von einer anhaltenden, tiefgreifenden Erschöpfung, die den Alltag stark beeinträchtigt. In einigen Fällen entwickelt sich aus dieser postviralen Erschöpfung ein sogenanntes ME/CFS, die Abkürzung für Myalgische Enzephalomyelitis / Chronisches Fatigue-Syndrom. 

Bei ME/CFS handelt es sich um eine schwere neuroimmunologische Erkrankung, die oft auf Infektionskrankheiten wie COVID folgt. Dabei können selbst geringe körperliche oder geistige Anstrengungen zu einer drastischen Verschlechterung des Gesundheitszustands führen. Die Erkrankung kann darüber hinaus Beschwerden im Bereich des Nerven- und Immunsystems verursachen.

Long COVID Erschöpfung: Diese Beschwerden erfordern ärztliche Abklärung

Long COVID kann zu einer anhaltenden körperlichen und geistigen Erschöpfung führen, ebenso wie ME/CFS. Eine gesicherte ME/CFS-Diagnose kann in der Regel erst gestellt werden, wenn die Symptome mindestens sechs Monate lang bestehen. Aufgrund der teils starken Überschneidungen mit Long COVID ist eine frühzeitige medizinische Abklärung besonders wichtig, um eine angemessene Versorgung zu ermöglichen. Wenn Sie auch noch lange Zeit nach der Corona-Infektion unter folgenden Symptomen leiden, sollten Sie unbedingt medizinischen Rat suchen:

  • Ausgeprägte körperliche und/oder geistige Erschöpfung, die sich durch Ruhe oder Schlaf nicht bessert
  • Verschlechterung der Beschwerden nach körperlicher, geistiger oder emotionaler Belastung, oft schon nach geringfügiger Aktivität
  • Konzentrations- und Gedächtnisprobleme, auch bekannt unter „Brain Fog
  • Schlafstörungen, insbesondere nicht-erholsamer Schlaf
  • Schwindel oder Kreislaufprobleme im Stehen
  • Muskel- und Gelenkschmerzen ohne klare Ursache
  • Halsschmerzen, geschwollene Lymphknoten oder grippeähnliche Symptome ohne akute Infektion

Ein zentrales Merkmal von ME/CFS ist, dass die Erschöpfung dauerhaft anhält und die Lebensqualität sowie Alltagsfunktion nachhaltig beeinträchtigt. Je früher eine differenzierte Diagnostik erfolgt, desto besser kann eine individuelle Behandlungsstrategie entwickelt werden.

Behandlung beim Fatigue-Syndrom nach Long COVID

Bislang stehen weder eine ursächliche Therapie noch zugelassene Medikamente zur Verfügung, um die Long COVID Fatigue bzw. das chronische Fatigue-Syndrom (ME/CFS) gezielt zu behandeln. Neben verschiedenen Alltagshilfen gibt es aber Therapieansätze, die sich auf die Symptomlinderung sowie Alltagsbewältigung konzentrieren. Ziel der Therapie bei Fatigue im Rahmen von Long COVID ist es, die körperliche Regeneration unter Vermeidung von Überlastung zu fördern, die körperliche und mentale Belastbarkeit behutsam zu stabilisieren, Schmerzen und kognitive Einschränkungen zu lindern, Schlaf- und Stressregulation zu verbessern sowie die Krankheitsverarbeitung und den Umgang mit den Einschränkungen nachhaltig zu unterstützen.

Zum Einsatz kommen meist individuell angepasste Therapieansätze, in der Regel als Teil eines ganzheitlichen Behandlungskonzepts – beispielsweise in Form einer neuropsychologischen Therapie sowie psycho- oder physiotherapeutischer Begleitmaßnahmen. Besonders Bewegungstherapien sollten dabei mit großer Vorsicht und in enger Abstimmung mit den individuellen Belastungsgrenzen erfolgen. Ziel ist nicht die Aktivierung im klassischen Sinne, sondern der Erhalt körperlicher Funktionen, die Förderung von Beweglichkeit sowie die Verbesserung von Atem- und Körperwahrnehmung. In der Physiotherapie können beispielsweise eine Atemtherapie oder unterstützte Gangtherapie eingesetzt werden. Die Ergotherapie zielt unter anderem auf die Stärkung der Feinmotorik, der Sensibilität und der kognitiven Leistungsfähigkeit ab.

Wichtig ist, dass Sie Ihr individuelles Maß an körperlicher und geistiger Aktivität für sich herausfinden und diese Grenzen nicht überschreiten, denn eine Überforderung kann die Erschöpfung verstärken. Hier setzt das sogenannte Pacing an – ein bedeutsamer Aspekt für das richtige Energie- und Belastungsmanagement. 

Pacing als zentrale Strategie bei Long COVID Fatigue

Pacing ist ein bewährter Ansatz zum Energie-Management und gilt als zentrale Methode im Umgang mit der anhaltenden Long COVID Erschöpfung. Dabei geht es darum, sich selbst ein passendes Tempo vorzugeben und die verfügbaren Energie-Ressourcen sorgfältig einzuteilen. Das Ziel von Pacing ist es, unterhalb der persönlichen Belastungsgrenze zu bleiben, um Überanstrengung und Rückfälle bestmöglich zu vermeiden. Auf diese Weise kann langfristig eine Stabilisierung des Gesundheitszustands und eine Verbesserung der Lebensqualität erreicht werden. Gerade bei Long COVID ist Pacing von großer Bedeutung: Körperliche, geistige oder emotionale Überlastung kann die Symptome erheblich verschlimmern. Daher ist ein achtsamer und strukturierter Umgang mit den eigenen Ressourcen entscheidend für den Alltag mit der Erkrankung.

Halbes Gesicht
Halbes Gesicht

Pacing im Alltag umsetzen

So gelingt’s

Um Rückfälle zu vermeiden und den Alltag besser zu bewältigen, ist es entscheidend, die eigene Belastungsgrenze zu erkennen und Aktivitäten innerhalb dieses persönlichen Rahmens zu gestalten. Dabei können verschiedene Strategien helfen, das Energielevel stabil zu halten und Überforderungen rechtzeitig zu vermeiden:

  • Tagebuch führen: Dokumentation von Aktivitäten und Symptomen kann helfen, Muster zu erkennen und Überlastungen zu vermeiden.
  • Auf den Körper hören: Anzeichen von Überforderung frühzeitig wahrnehmen und entsprechend reagieren.
  • Hilfsmittel nutzen: Tools wie Herzfrequenzmesser oder Energie-Apps können unterstützen, die eigenen Grenzen besser einzuschätzen.
  • Ruhepausen strategisch planen: Tägliche Aufgaben sollten so verteilt werden dass ausreichend Ruhephasen eingeplant sind – und zwar vor der Erschöpfung, nicht erst danach.
  • Reizüberflutung vermeiden: Geräusche, Licht, Gespräche oder soziale Interaktion können Energie rauben. Ohrstöpsel, eine Sonnenbrille, oder kurze Aufenthalte in reizarmen Räumen können helfen.

Weitere Alltagstipps bei Fatigue-Syndom bei Long COVID

Viele Menschen mit Long COVID Fatigue oder ME/CFS fühlen sich mit ihren Beschwerden alleingelassen. Doch die Symptome sind real und sie werden zunehmend erforscht. Es lohnt sich, dranzubleiben und auf sich selbst zu achten. Sprechen Sie mit vertrauten Personen darüber, wie es Ihnen geht. Offenheit kann helfen, Missverständnisse zu vermeiden und Unterstützung im Alltag zu ermöglichen. Denn niemand sollte diese Belastung allein tragen müssen.

Leichte Entspannungsübungen, wie etwa Atemtechniken oder progressive Muskelentspannung, können helfen, Stress, innere Anspannung und auch Schmerzen besser zu bewältigen. Falls es Ihr Zustand zulässt, kann auch sanfte Bewegung guttun, zum Beispiel ein kurzer Spaziergang oder einige wenige Dehnübungen. Wichtig ist: Nichts davon darf Ihre Kräfte übersteigen. Überfordern Sie sich nicht, sondern hören Sie achtsam auf die Signale Ihres Körpers. Auch eine ausgewogene Ernährung kann unterstützend wirken – mit viel Gemüse, wenig Zucker und ausreichend Flüssigkeit wie Wasser oder ungesüßtem Tee.

Rehabilitation bei Long COVID

Gerade bei Long COVID und dem damit verbundenen Fatigue-Syndrom braucht es eine Reha, die auf Ihre persönlichen Beschwerden und Möglichkeiten zugeschnitten ist. In der Hardtwaldklinik I bieten wir als spezialisierte Post-COVID-Reha-Klinik individuell abgestimmte Therapieangebote an. Der Fokus liegt auf der Wiedererlangung Ihres körperlichen und geistigen Gesundheitszustandes vor der COVID-19-Infektion. In der Neurorehabilitation verfügen für über ein ganzheitliches Behandlungskonzept, das Ihre Belastungsgrenzen respektiert und darauf ausgerichtet ist, Ihre Gesundheit behutsam zu stärken – Schritt für Schritt.

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