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Frühjahrsmüdigkeit oder doch Frühjahrsdepression? Wir erklären, warum der Frühling nicht alle belebt, wann das Stimmungstief zum Problem wird – und wie Sie aktiv gegensteuern können.
Bei vielen Menschen lösen die ersten warmen Sonnenstrahlen, die länger werdenden Tage und das beginnende Blühen in der Natur ein positives Gefühl aus – neue Energie, bessere Laune und Lust auf Bewegung. Doch nicht alle erleben den Frühling so. Manche fühlen sich gerade jetzt antriebslos, erschöpft oder niedergeschlagen. Woran liegt das?
Etwa die Hälfte der Deutschen ist vom Phänomen der Frühjahrsmüdigkeit betroffen – eine natürliche körperliche Reaktion auf die Veränderungen der Licht- und Wärmeverhältnisse. Manchmal nehmen die Symptome nach dieser Umgewöhnungsphase aber nicht ab, sondern verschlimmern sich oder bleiben über einen längeren Zeitraum bestehen.
Wärmere Temperaturen, längere Tage und nicht selten auch veränderte Schlafgewohnheiten – im Frühling muss sich der menschliche Körper auf neue äußere Bedingungen einstellen. Diese Umstellung fordert den Organismus stärker, als viele vermuten. Ein wesentlicher Faktor ist der Hormonhaushalt: Mit dem zunehmenden Tageslicht beginnt der Körper, vermehrt Serotonin, ein Hormon, das unsere Stimmung aufhellt, auszuschütten. Gleichzeitig ist aber oft noch Melatonin, das Hormon, das den Schlaf-Wach-Rhythmus steuert, in höherer Konzentration vorhanden. Dieses Ungleichgewicht zwischen aktivierendem Serotonin und dem müde machenden Melatonin kann typische Symptome der Frühjahrsmüdigkeit auslösen.
Auch ein Vitaminmangel kann verstärkend wirken. Besonders Vitamin D, das durch die Sonneneinstrahlung gebildet wird, ist nach den dunklen Wintermonaten oft nur in geringen Mengen vorhanden. Zudem kann eine einseitige Ernährung im Winter, beispielsweise mit wenig frischem Obst und Gemüse, zu weiteren Mangelerscheinungen führen. Durch die steigenden Außentemperaturen weiten sich außerdem die Blutgefäße, was zu einem Abfall des Blutdrucks führen und Kreislaufproblemen führen kann.
Viele Betroffene fühlen sich schlapp und ausgelaugt. Sie verspüren keinen Drang, sich mehr zu bewegen, sondern sind stattdessen antriebslos und niedergeschlagen. Typische Symptome der Frühjahrsmüdigkeit sind:
All diese Symptome der Frühjahrsmüdigkeit können auch im Rahmen einer Frühjahrsdepression auftreten. Allerdings kommen – ähnlich wie bei einer klassischen Depression – weitere, ernstere Anzeichen hinzu:
Der Unterschied
Auch wenn sich die Symptome einer Frühjahrsdepression zunächst ähnlich anfühlen wie die der Frühjahrsmüdigkeit, gibt es wesentliche Unterschiede – vor allem in der Intensität und Dauer der Beschwerden. Bei der Frühjahrsmüdigkeit sollte die Phase der Antriebslosigkeit nach etwa zwei bis vier Wochen überstanden sein und sich der Körper an die Umstellung gewöhnt haben. Bleiben die Symptome jedoch bestehen oder nehmen sogar zu, kann das ein Hinweis auf eine Frühjahrsdepression und damit eine ernst zu nehmende psychische Erkrankung sein.
Besonders gefährdet sind Menschen, die bereits in der Vergangenheit an Depressionen gelitten oder das ganze Jahr über mit depressiven Phasen zu kämpfen haben. Für sie kann sich der Frühling sogar belastend anfühlen – vor allem, wenn das Umfeld scheinbar mit neuer Energie durchstartet, während man selbst im Stimmungstief feststeckt. Dieses Gefühl kann zusätzlichen Druck erzeugen und die seelische Belastung verstärken.
Wesentlich ist, dass es sich bei der Frühjahrsmüdigkeit um keine psychische Krankheit im klassischen Sinne handelt und sie in der Regel von selbst abklingt. Bei der Frühjahrsdepression handelt es sich hingegen um ein behandlungsbedürftiges Krankheitsbild, das therapeutische Unterstützung erfordert.
Der Frühling fühlt sich nicht für alle leicht und belebend an – und das ist völlig in Ordnung. Wer jedoch aktiv etwas gegen das Stimmungstief unternehmen möchte, kann schon mit kleinen Veränderungen viel bewirken.
Je aktiver Sie sind, desto schneller können Sie die Frühjahrsmüdigkeit überwinden. Gehen Sie raus, auch wenn Sie sich zunächst müde fühlen. Bewegung an der frischen Luft regt den Kreislauf an und unterstützt die Hormonumstellung. Schon ein 15-minütiger Spaziergang oder ein paar Dehnübungen zwischendurch können helfen, den Kreislauf in Schwung zu bringen und neue Energie zu tanken.
Ein geregelter Rhythmus stabilisiert Körper und Psyche. Achten Sie auf feste Schlaf- und Wachzeiten. Zu viel Schlaf kann die Melatonin-Produktion erhöhen, die Müdigkeit verstärken und depressive Symptome begünstigen. Versuchen Sie, zur gleichen Zeit ins Bett zu gehen und aufzustehen – auch am Wochenende.
Eine gesunde Ernährung ist besonders wichtig, um den Körper während der Frühjahrsmüdigkeit zu unterstützen. Versorgen Sie ihn mit allem, was er jetzt braucht: Frisches Obst, Gemüse und leichte Mahlzeiten unterstützen die Stoffwechselprozesse und geben Energie. Schwere, fettige Kost hingegen kann träge machen. Ebenso wichtig ist, ausreichend zu trinken. Flüssigkeitsmangel äußert sich oft in Form von Müdigkeit oder Kopfschmerzen.
Tageslicht ist ein natürlicher Gegenspieler der Frühjahrsmüdigkeit. Es regt nicht nur die Bildung des Glückshormons Serotonin an, sondern fördert auch die körpereigene Produktion von Vitamin D. Falls das Tageslicht nicht ausreicht, kann auch eine Lichttherapie helfen. Spezielle Lichtlampen oder Tageslichtwecker kommen häufig bei saisonal bedingten Verstimmungen wie der Frühjahrsdepression zum Einsatz und unterstützen dabei, den Rhythmus zu stabilisieren.
Während viele Menschen schon einmal von der Winterdepression gehört haben, ist die Frühjahrsdepression deutlich weniger bekannt – obwohl auch sie ernsthafte Auswirkungen auf das psychische Wohlbefinden hat. Wer über mehrere Wochen keine Besserung verspürt oder sogar eine Verschlechterung der Symptome bemerkt, sollte dies nicht auf die leichte Schulter nehmen. Scheuen Sie sich nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Erste Ansprechpartner können vertraute Personen, der Hausarzt oder eine psychologische Beratungsstelle sein. In vielen Fällen kann eine Psychotherapie sinnvoll sein. Sie hilft dabei, die Ursachen der Frühjahrsdepression besser zu verstehen, bewältigende Strategien zu entwickeln und die eigene Lebensqualität schrittweise zurückzugewinnen.
In unseren psychosomatischen Kliniken sind wir auf die Behandlung von Depressionen spezialisiert. In Gruppen- und Einzeltherapien wird die Psychotherapie von ganzheitlichen Ansätzen ergänzt, beispielsweise durch eine Bewegungstherapie oder Kunsttherapie. Unser Ziel ist es, gemeinsam mit Ihnen Wege zu erarbeiten, um Ihre psychische Gesundheit nachhaltig zu stärken – damit Sie wieder mit Leichtigkeit, innerer Stabilität und neuer Lebensfreude durch alle Jahreszeiten gehen können.
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