Wissen
Schwindel, Kopfschmerzen und Reizempfindlichkeit können Anzeichen einer vestibulären Migräne sein. Erfahren Sie, wie sich die Erkrankung äußert, welche Auslöser infrage kommen und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt.
Die chronische Kopfschmerzerkrankung Migräne ist vielen Menschen bekannt und in der Bevölkerung weit verbreitet. Eine besondere Form stellt die vestibuläre Migräne dar, die vor allem durch plötzlich auftretenden Schwindel gekennzeichnet ist. Aber auch Gleichgewichtsstörungen, Übelkeit oder Hörverlust können mit der vestibulären Migräne einhergehen. Fast die Hälfte der Migräne-Betroffenen leider während einer Attacke zusätzlich unter Schwindel oder Gleichgewichtsstörungen.
Zwar sind die Symptome individuell unterschiedlich ausgeprägt, kennzeichnend für die vestibuläre Migräne sind jedoch plötzliche Schwindelattacken. Meist handelt es sich um Drehschwindel, möglich sind jedoch auch Schwankschwindel oder ein unspezifisches Benommenheitsgefühl. Wie bei der klassischen Migräne treten in der Regel auch die typischen Migränekopfschmerzen auf – jedoch nicht immer gleichzeitig mit der Schwindelattacke. Der Schwindel kann dem Kopfschmerz vorausgehen, mit dessen Beginn einsetzen, ihn durchgehend begleiten oder erst im Anschluss auftreten. Die Symptome der vestibulären Migräne können plötzlich einsetzen und von wenigen Minuten bis zu mehreren Stunden andauern. Häufig treten zusätzlich weitere Begleitsymptome auf, wie etwa:
Vestibuläre Migräne
Die genauen Ursachen der vestibulären Migräne sind bislang noch nicht abschließend erforscht. Es gibt jedoch Annahmen darüber, woher die Schwindelattacken kommen könnten:
1. Das vestibuläre System im Innenohr, das für Gleichgewicht und räumliche Orientierung verantwortlich ist, enthält winzige Strukturen. Es wird vermutet, dass bei der vestibulären Migräne eine Überreaktion dieses Systems auftritt. Eine übermäßige Stimulation dieser empfindlichen Strukturen könnte dabei eine neurologische Reaktion auslösen, die dann zu den Symptomen, insbesondere dem Schwindel, führt.
2. Da Frauen häufiger betroffen sind als Männer, liegt die Vermutung nahe, dass auch hormonelle Faktoren eine Rolle spielen könnten. Ein eindeutiger wissenschaftlicher Nachweis dafür steht jedoch aus. Beobachtungen deuten aber außerdem darauf hin, dass hormonelle Umstellungen – etwa während der Wechseljahre – die Symptomatik beeinflussen könnten
Die vestibuläre Migräne kann durch ähnliche Faktoren ausgelöst werden wie die klassische Migräne. Zu den häufigsten sogenannten „Triggern“ gehören:
Das gezielte Erkennen und Vermeiden individueller Trigger kann wesentlich dazu beitragen, vestibuläre Migräneanfälle zu verringern. Ein Schmerztagebuch kann dabei ein hilfreiches Werkzeug sein, um persönliche Auslöser systematisch zu erkennen. Dafür sollte man immer notieren, wann Schwindel- oder Migräneattacken auftreten, wie lange sie andauern, wie stark die Beschwerden sind und welche Begleitsymptome vorkommen. Zusätzlich ist es sinnvoll, mögliche Auslöser wie vorhergegangene Tätigkeiten oder Ereignisse zu erfassen. Mit der Zeit entsteht so ein wertvoller Überblick, der einerseits helfen kann, individuelle Strategien zur Vorbeugung zu entwickeln, aber auch die Ärzte bei der Auswahl geeigneter Behandlungsstrategien unterstützen kann.
Wie andere Migräne-Formen ist auch die vestibuläre Migräne eine chronische Erkrankung. Für die Diagnose müssen mindestens fünf Schwindelepisoden von 5 Minuten bis 72 Stunden Dauer und moderater bis starker Intensität aufgetreten sein. Zudem muss eine aktuelle oder frühere Migräne (nach ICHD-Kriterien) bestehen. Andere Ursachen für die Beschwerden müssen ausgeschlossen sein.
Die Symptome der vestibulären Migräne ähneln stark denen von Morbus Menière, einer chronischen Erkrankung des Innenohrs. Insbesondere Symptome wie wiederkehrender Schwindel, Übelkeit und Hörstörungen überschneiden sich, ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist jedoch die fortschreitende Innenohrschwerhörigkeit, die typisch für Morbus Menière ist, bei der vestibulären Migräne jedoch nicht dauerhaft auftritt. Entscheidend ist deshalb eine gründliche Anamnese in Kombination mit dem Ausschluss anderer Schwindelursachen.
Auch die Migräne mit Aura ist durch neurologische Symptome vor oder während der Kopfschmerzphase gekennzeichnet – etwa visuelle Störungen, Sprachstörungen oder Missempfindungen. Im Gegensatz zur vestibulären Migräne steht hier jedoch nicht der Schwindel im Vordergrund. Beide Migräne-Formen können sich überschneiden, was die Diagnose anspruchsvoll macht. Eine sorgfältige Abgrenzung ist wichtig für die passende Therapie.
Um einem Anfall vorzubeugen, ist es wichtig, individuelle Auslöser frühzeitig zu erkennen und möglichst zu vermeiden. Wenn die Symptome der vestibulären Migräne jedoch plötzlich einsetzen, gibt es einige Sofortmaßnahmen, die Linderung verschaffen können. Da sich der Schwindel häufig bei Bewegung oder Lageveränderung verstärkt, ist es hilfreich, sich umgehend in eine ruhige, möglichst abgedunkelte Umgebung zurückzuziehen. Ein kurzes Nickerchen oder das Liegen mit geschlossenen Augen kann helfen, den Schwindel, die Übelkeit sowie das allgemeine Unwohlsein abklingen zu lassen. Auch das Trinken von ausreichend Wasser ist wichtig, da Dehydrierung die Beschwerden verstärken kann. Kühle Umschläge auf Stirn oder Nacken, tiefe Bauchatmung oder ein leichtes Druckmassieren der Schläfen können zusätzlich entlastend wirken. In manchen Fällen ist auch die frühzeitige Einnahme eines vom Arzt verordneten Migränemedikaments sinnvoll, um den Verlauf abzumildern. Wichtig ist es, dem Körper in der Akutsituation Ruhe zu gönnen und auf belastende Reize weitestgehend zu verzichten.
Derzeit gibt es noch keine heilende Therapie für vestibuläre Migräne. Die Behandlung orientiert sich grundsätzlich an den Strategien, die auch bei anderen Migräneformen angewendet werden. Der Schwerpunkt liegt meist auf der Linderung der Symptome und der Vermeidung von Auslösern.
Eine medikamentöse Therapie kann sowohl in der Akutphase als auch vorbeugend erfolgen. Welche Mittel im Einzelfall geeignet sind, hängt von der Ausprägung der Beschwerden, individuellen Vorerkrankungen und der Verträglichkeit ab. Die Auswahl und Dosierung sollten daher stets in enger Abstimmung mit einem Arzt erfolgen.
Grundsätzlich gilt es, mögliche Auslöser einer Migräneattacke so gut wie möglich zu vermeiden. Beispielhafte Gewohnheiten und Tagesroutinen, die sich im Umgang mit Migräne als hilfreich zeigen können, sind unter anderem:
Wir verfügen über langjährige Erfahrung in der Behandlung neurologischer Erkrankungen – insbesondere auch im Bereich chronischer Kopfschmerzen. An mehreren Standorten unserer Kliniken arbeiten erfahrene Fachärzte, Psychologen und Therapeuten interdisziplinär zusammen, um Patienten mit Migräne eine ganzheitliche, individuell abgestimmte Versorgung zu ermöglichen. Unser Ansatz berücksichtigt nicht nur die medizinischen Aspekte der Erkrankung, sondern bezieht auch psychologische und therapeutische Maßnahmen mit ein, um eine nachhaltige Verbesserung der Lebensqualität zu erreichen.
Kontakt
Leiden Sie unter Migräne oder häufigen Kopfschmerzen? Informieren Sie sich über unsere individuell abgestimmten Therapieangebote.
Magazin
In unserem Magazin finden Sie weiterführende Informationen zu Kopfschmerzen, anderen Krankheitsbildern sowie Einblicke in den Klinikalltag.