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Was ist eine Muskeldystrophie?

Die Muskeldystrophie ist eine Form der neuromuskulären Erkrankungen. Was man unter der Muskeldystrophie versteht, welche Symptome auftreten und welche Ausprägungen es gibt, erfahren Sie im Beitrag.

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Was Muskeldystrophien ausmacht

Die Klinik Hoher Meißner hat sich auf neuromuskuläre Erkrankungen spezialisiert, die in der Gesellschaft nur selten auftreten. Eine dieser neuromuskulären Erkrankungen ist die Muskeldystrophie. Sie tritt vergleichsweise häufig unter den neuromuskulären Erkrankungen auf. Bei den Muskeldystrophien stehen fortschreitende Schwächen im Vordergrund, meist vorwiegend die rumpfnahen Muskeln betreffend. 

Muskeldystrophien vom Gliedergürteltyp

Unter Muskeldystrophien vom Gliedergürteltyp werden heute genetisch vererbte Erkrankungen verstanden, die hauptsächlich die Skelettmuskeln betreffen und zu einer fortschreitenden Schwäche, überwiegend der rumpfnahen Muskeln, also Schultergürtel oder häufiger Beckengürtel, führen. Die Schwäche wird verursacht durch einen Verlust von Muskelfasern. Die Betroffenen erreichen in der Kindheit das freie Gehen. Sie weisen eine erhöhte Serum-Kreatinkinase-Aktivität („erhöhte CK-Werte“) auf. Im Krankheitsverlauf stellen sich in der Magnetresonanztomographie (MRT) oder Sonographie (Ultraschall) der Muskeln dystrophische Veränderungen der Muskulatur dar. Hiermit ist ein Umbau zu Binde- und Fettgewebe der am stärksten betroffenen Muskeln oder Muskelgruppen gemeint.


Die betroffene Muskulatur wird zudem schmächtig, also atroph. Allerdings können bestimmte Muskelgruppen sogar äußerlich sehr kräftig und gut ausgebildet erscheinen, obwohl die Muskulatur überwiegend durch Binde- und Fettgewebe ersetzt ist. Besonders typisch ist dies bei den Waden zu beobachten. Dabei wird von einer Pseudohypertrophie gesprochen. „Pseudo“ weist aber darauf hin, dass in diesem Fall die kräftige Ausprägung des Muskels nur so erscheint. Das funktionstüchtige Muskelgewebe ist nämlich vermindert. 

Symptome der Muskeldystrophie vom Gliedergürteltyp

Anzeichen

Symptome der Muskeldystrophie vom Gliedergürteltyp

Im Vordergrund stehen die muskulären Schwächen, meist im Beckengürtel, manchmal auch im Schultergürtel. Dadurch können das Aufstehen, das Stehen und Gehen beeinträchtigt sein oder auch das Heben von Gegenständen. Besonders durch Fehl- und Überbelastung kommt es oft auch zu Schmerzen des Bewegungsapparates. Die geschwächte Muskulatur muss verstärkt arbeiten, um die gestellten Aufgaben, beispielsweise die Aufrechthaltung des Körpers, zu erreichen. Hierdurch kann es zu Verspannungen der Muskulatur kommen. Zudem werden durch die Schwäche der Muskeln die Bänder und Gelenke in ungünstiger Weise belastet. Auch das kann zu Schmerzen führen. Die Schmerzen wiederum führen zu einer Verstärkung der Verspannungen, diese wiederum zu verstärkten Fehlhaltungen, ein Teufelskreis.

Verlauf der Muskeldystrophie vom Gliedergürteltyp
Verlauf der Muskeldystrophie vom Gliedergürteltyp

Ablauf

Verlauf der Muskeldystrophie vom Gliedergürteltyp

Die verschiedenen Muskeldystrophien vom Gliedergürteltyp haben sehr unterschiedliche Verläufe. Bei einigen kann der Verlauf zu einem Verlust der Gehfähigkeit führen, bei anderen bleiben die Erkrankten gehfähig. Auch kann bei einigen Erkrankungen das Herz mit betroffen sein, was regelmäßige kardiologische Untersuchungen erforderlich macht, um frühzeitig behandeln zu können, was die Herzfunktion stabilisiert und den Verlauf positiv beeinflusst. Ebenso kann bei einigen Erkrankungen die Atemmuskulatur betroffen sein. 

Kategorien der Muskeldystrophien

Katalogisiert werden die Muskeldystrophien vom Gliedergürteltyp als „LGMD“ (Abkürzung von „limb girdle muscular dystrophy“ = Muskeldystrophie vom Gliedergürteltyp). Hinter den vier Buchstaben folgt in der heute gültigen internationalen Klassifikation der Buchstabe „D“ bei autosomal dominant vererbten Erkrankungen oder der Buchstabe „R“ bei der autosomal rezessiven Vererbung. Eine Zahl gibt dann die genaue Erkrankung an. So bedeutet die „LGMDR1“ das Vorliegen der häufigsten Muskeldystrophie vom Gliedergürteltyp, beruhend auf einer Mutation im Calpain-3-Gen. Die LGMDR2 beruht auf einer Mutation im Dysferlin-Gen. Eine Tabelle, in der die verschiedenen Muskeldystrophien, auch speziell die Muskeldystrophien vom Gliedergürteltyp zusammengestellt wurden, finden Sie hier. Auf der Seite der Muscle-Genetable erkennen Sie, dass es sehr viele verschiedene vererbliche Muskelerkrankungen gibt, und es kommt jedes Jahr eine ganze Reihe neuer Erkrankungen dazu, die abgegrenzt werden können. 

Muskeldystrophie Typ Duchenne und Becker
Muskeldystrophie Typ Duchenne und Becker

Arten der Muskeldystropien

Muskeldystrophien der Typen Duchenne und Becker

Neben den Muskeldystrophien vom Gliedergürteltyp gibt es auch die Muskeldystrophien vom Typ Becker und vom Typ Duchenne. Sie weisen typischerweise zunächst Schwächen der Hüftmuskulatur auf. Die Schwächen breiten sich im Verlauf auf andere Muskelgruppen aus. Bei der Muskeldystrophie vom Typ Duchenne tritt die Erkrankung im Alter von 2 bis 3 Jahren auf, beim Typ Becker im Jugend- oder Erwachsenenalter.

Verlauf der Muskeldystrophie Duchenne und Becker

Charakterisierung

Verlauf der Muskeldystrophien Typ Duchenne und Typ Becker

Während bei dem rascher verlaufenden Typ Duchenne die Herzmuskulatur und die Atemmuskulatur im Verlauf regelmäßig mit erkrankt, tritt das bei dem Typ Becker nicht immer auf. Da jedoch die Möglichkeit besteht, muss auch bei dem Typ Becker immer mindestens jährlich kardiologisch und pulmologisch untersucht werden.

Dystrophien-Gen
Dystrophien-Gen

Gen

Dystrophien-Gen bei Typ Becker und Typ Duchenne

Beide Varianten sind Folge einer Mutation des Dystrophin-Gens. Beim Typ Duchenne fehlt das Gen oder die Wirksamkeit ist durch die Mutation aufgehoben. Beim Typ Becker ist die Wirksamkeit durch die Mutation beeinträchtigt. Das Dystrophin-Gen befindet sich auf dem X-Chromosom. Die Erkrankungen werden X-chromosomal rezessiv vererbt. Hieraus resultiert, dass vorwiegend Jungen/Männer erkranken. Frauen, die ein solches mutiertes Gen oder eine Deletion tragen, werden Konduktorinnen genannt. Durch das intakte Dystrophin-Gen auf dem zweiten X-Chromosom sind sie nicht oder deutlich geringer betroffen als die männlichen Genträger.

Weitere Informationen und Dokumente zu Muskeldystrophien

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