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Gefühlsstörungen: Von Kribbeln bis Taubheits­gefühlen

Kribbeln in den Fingern, Taubheitsgefühle in den Beinen oder eine Über­empfind­lichkeit der Haut – all das können nervenbedingte Gefühlsstörungen sein, die je nach Ursache vorübergehend, harmlos oder behandlungsbedürftig sein können.

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Was sind Gefühlsstörungen?

Funktionelle Gefühlsstörungen, auch Sensibilitätsstörungen genannt, sind unangenehme bis schmerzhafte Empfindungen, die nicht im Zusammenhang mit tatsächlichen äußeren Reizen stehen. Sie können als eigenständiges Symptom oder in Kombination mit motorischen Störungen auftreten.

Die häufigsten Symptome bei Gefühlsstörungen sind:

  • Kribbelmissempfindungen (Parästhesien)
  • Überempfindlichkeit gegenüber Berührungen, Temperatur oder Schmerz (Hyperästhesien)
  • Taubheitsgefühle oder ein eingeschlafenes Gefühl einzelner Körperregionen

Am häufigsten betreffen diese Empfindungsstörungen die Arme, Hände, Finger, Beine, Füße oder Zehen, gelegentlich aber auch das Gesicht. Darüber hinaus sind auch Sensibilitätsstörungen möglich, bei denen Sinnesreize wie Temperatur, Druck oder Schmerz nicht mehr angemessen wahrgenommen werden – sie können abgeschwächt, verstärkt oder verfälscht erscheinen.

So können sich Gefühlsstörungen äußern

Gefühlsstörungen äußern sich sehr unterschiedlich und können verschiedene Körperbereiche betreffen. Typischerweise treten sie an den Extremitäten auf. Betroffene berichten, dass sich die Haut plötzlich kribbelnd, brennend oder pelzig anfühlt – manchmal auch taub oder wie nicht zugehörig. Solche Empfindungsstörungen wirken oft beunruhigend, da sie ohne ersichtlichen Auslöser auftreten und von außen nicht sichtbar sind.


Kribbeln in den Fingern – eine typische Empfindungsstörung

Ein häufig beschriebenes Symptom ist das Gefühl, als würden kleine Nadeln stechen oder Ameisen über die Haut laufen. Meist tritt dieses Kribbeln in den Fingern oder Händen auf, kann aber auch in den Füßen, Beinen oder sogar im Gesicht vorkommen. Diese Art der Empfindungsstörung kann vorübergehend oder dauerhaft sein und tritt meist plötzlich und ohne sofort erkennbaren Auslöser auf.


Überempfindlichkeit der Haut – eine Form der Sensibilitätsstörung

Bei dieser Form der Sensibilitätsstörung reagiert die Haut übermäßig stark auf Reize, die normalerweise harmlos sind: Schon leichte Berührungen, Kälte, Wärme oder Kleidung auf der Haut können als schmerzhaft oder unangenehm empfunden werden. Dieses gesteigerte Empfinden kann sehr belastend sein und schränkt den Alltag oft spürbar ein.

Taubheitsgefühle – wenn das Körpergefühl verschwindet

Taubheitsgefühle, als Form der Gefühlsstörungen, äußern sich als völliger oder teilweiser Verlust des Gefühls an bestimmten Körperstellen. Die betroffene Stelle fühlt sich wie abgestorben oder nicht zugehörig an – als würde man sie nur noch eingeschränkt wahrnehmen. Solche Empfindungsstörungen treten häufig an den Händen, Füßen, Armen oder im Gesicht auf. Auch Taubheitsgefühle in den Beinen sind weit verbreitet und können das Gehen oder Stehen deutlich beeinträchtigen.

Hand abtasten
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Ursachen

Woher kommen die Empfindungs­störungen?

Empfindungsstörungen wie Kribbeln oder Taubheitsgefühle können viele verschiedene Ursachen haben. Häufig stehen sie in Zusammenhang mit einer Reizung oder Störung der Nerven, etwa durch eine Über- oder Unterfunktion der peripheren Nerven oder eine gestörte Weiterleitung von Reizen im zentralen Nervensystem. Auch eine eingeschränkte Durchblutung kann die Nervenfunktion beeinträchtigen und zu Gefühlsstörungen führen. Darüber hinaus kommen weitere Auslöser infrage, etwa psychische Belastungen, Nebenwirkungen bestimmter Medikamente oder äußere Einwirkungen wie Verbrennungen, Erfrierungen oder Vergiftungen.

Gefühlsstörungen haben nicht immer eine ernsthafte oder bedrohliche Ursache – sie können auch durch vergleichsweise harmlose Auslöser wie einen Vitaminmangel, insbesondere an Vitamin B12, entstehen. In vielen Fällen lassen sich die Beschwerden gut behandeln oder bilden sich von selbst zurück. Dennoch können die Missempfindungen auch erste Anzeichen für eine zugrunde liegende Erkrankung sein.

Gefühlsstörungen als Begleitsymptom von Erkrankungen

Nicht selten treten Gefühlsstörungen in Verbindung mit bestimmten körperlichen oder neurologischen Erkrankungen auf. Je nach Lokalisation, Ausprägung und Verlauf der Missempfindungen – ob sie plötzlich einsetzen, sich allmählich entwickeln oder wiederholt auftreten – können sie auf bestimmte körperliche oder neurologische Erkrankungen hinweisen und ein wichtiges diagnostisches Signal darstellen. Beispiele von Erkrankungen, bei denen Gefühls- oder Sensibilitätsstörungen häufig auftreten:

Polyneuropathie

Bei dieser Schädigung der peripheren Nerven reagieren besonders die feinen Nervenenden in den Füßen und Händen empfindlich, wodurch erste Beschwerden oft dort beginnen. Typisch ist eine beidseitige Ausbreitung der Missempfindungen in strumpf- oder handschuhartiger Verteilung. Auslöser können unter anderem Diabetes, Alkoholkonsum über längere Zeit, ein Vitamin-B12-Mangel, Infektionen oder Gifte sein.

Multiple Sklerose

Gefühlsstörungen, Sensibilitätsstörungen und Missempfindungen wie Kribbeln, Taubheit oder neuropathische Schmerzen zählen zu den frühesten und häufigsten Symptomen einer Multiplen Sklerose (MS). Bei der chronisch-entzündlichen Erkrankung des zentralen Nervensystems greift das körpereigene Immunsystem die Nervenfasern an, was zu einer gestörten Reizweiterleitung im Gehirn und Rückenmark führen und u. a. ausgeprägte Empfindungsstörungen versuchen kann.

Parkinson

Bei Parkinson handelt es sich um eine neurodegenerative Erkrankung, bei der bestimmte Nervenzellen im Gehirn allmählich absterben. Neben den typischen Symptomen wie Muskelsteifigkeit, Bewegungsverlangsamung und dem charakteristischen Zittern können auch Gefühlsstörungen wie Kribbeln, Taubheitsgefühle oder ein diffuses Missempfinden auftreten – vor allem dann, wenn neben den Bewegungszentren auch sensorische Bahnen oder die Wahrnehmungsverarbeitung betroffen sind.

Migräne

Insbesondere bei einer Migräne mit Aura können Gefühlsstörungen wie Kribbeln oder Taubheitsgefühle frühe Anzeichen einer beginnenden Attacke sein. Die Missempfindungen treten häufig im Gesicht oder den Extremitäten auf und gehören zur sogenannten Aura-Phase, die der eigentlichen Kopfschmerzphase vorausgeht.

Bandscheibenvorfall

Obwohl ein Bandscheibenvorfall in erster Linie eine orthopädische Erkrankung ist, kann die Kompression von Nervenwurzeln im Bereich des Rückenmarks neurologische Symptome wie Taubheit, Kribbeln oder Muskelschwäche hervorrufen. Solche Gefühlsstörungen treten typischerweise einseitig auf – abhängig davon, welcher Bereich der Wirbelsäule betroffen ist. Häufig äußern sie sich im Bein, Fuß, Arm oder in der Hand und gehen mit Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen einher. In schwereren Fällen kann es auch zu Schwäche oder Lähmungserscheinungen kommen.

Psychische Störungen

Gefühlsstörungen können auch Ausdruck psychischer Belastungen sein. Besonders bei Angstzuständen, Panikattacken oder chronischem Stress kann das vegetative Nervensystem überreagieren und körperliche Symptome hervorrufen. Sie treten häufig plötzlich auf und verstärken bei Betroffenen das Gefühl der Unsicherheit oder Hilflosigkeit, was die psychische Belastung zusätzlich erhöhen kann.

Wann ist ein Arztbesuch ratsam?

Ärztlicher Rat ist dringend zu empfehlen, wenn die Gefühlsstörungen …

  • plötzlich und ohne erkennbaren Auslöser auftreten,
  • stark ausgeprägt sind oder sich rasch verschlimmern,
  • über längere Zeit bestehen bleiben,
  • wiederholt auftreten oder an Intensität zunehmen,
  • sich durch Bewegung nicht verbessern oder dabei sogar verstärken.

Besondere Vorsicht ist geboten, wenn zusätzlich weitere Symptome hinzukommen, wie Schwindel, Seh- oder Sprachstörungen, Bewusstseinsveränderungen, Muskelzuckungen, Lähmungserscheinungen oder auffällige Hautveränderungen. Treten plötzlich Taubheitsgefühle oder Lähmungen einseitig am Körper auf – insbesondere zusammen mit Sprach-, Seh- oder Bewusstseinsstörungen – könnte dies auf einen Schlaganfall hinweisen. In diesem Fall sollte sofort der Notruf gewählt werden.

Bei einer ärztlichen Untersuchung wird versucht, die Ursache der Gefühlsstörungen herauszufinden. In der Regel beginnt dies mit einem ausführlichen Gespräch, gefolgt von einer körperlichen Untersuchung. Dabei wird unter anderem geprüft, wie empfindlich die Haut auf Reize wie Kälte, Wärme, Druck, Schmerz oder Berührung reagiert. Auch die Reflexe, die Muskelkraft und die Koordination werden getestet. Ziel ist, die Lokalisation der Störung, um eine geeignete Behandlung einzuleiten. 

Ganzheitliche Therapieansätze bei Gefühlsstörungen

Die Behandlung richtet sich nach der jeweiligen Ursache der Gefühlsstörungen. Neben medikamentöser oder ursächlicher Therapie haben sich folgende Ansätze bewährt:

  • Physiotherapie: Gezielte Bewegungsübungen, manuelle Techniken und Reizsetzungen können die Durchblutung fördern, Nervenbahnen stimulieren und die körperliche Funktion verbessern – insbesondere im Rahmen einer neurologischen Physiotherapie.
  • Ergotherapie: Auch eine neurologische Ergotherapie kann helfen, sensorische Reize besser zu verarbeiten, alltagsrelevante Fähigkeiten zu erhalten und den Umgang mit Empfindungsstörungen praktisch zu trainieren.
  • Desensibilisierung: Kontrollierte Reize wie Bürsten oder Berührungen können, überempfindliche Hautbereiche schrittweise unempfindlicher zu machen.
  • Bewegungstherapie: Aktivitäten wie Yoga, Wassergymnastik oder leichtes Ausdauertraining können die Nervenfunktion positiv beeinflussen – immer angepasst an die individuelle körperliche Belastbarkeit.
  • Psychotherapie und Stressbewältigung: Bei psychisch bedingten Gefühlsstörungen können therapeutische Gespräche sowie Entspannungsverfahren wie Atemübungen, Meditation oder Achtsamkeitstraining helfen, innere Anspannung zu reduzieren und die Beschwerden zu lindern.

Behandlungsmöglichkeiten in den Wicker-Kliniken

In den Wicker Fach- und Rehakliniken bieten wir ein breites Spektrum an therapeutischen Möglichkeiten für verschiedenste Erkrankungen. Dazu gehören spezialisierte Abteilungen für Psychosomatik, Psychotherapie und die neurologische Rehabilitation, ebenso wie ein eigenes Rehabilitationszentrum für Multiple Sklerose. Unser ganzheitlicher Therapieansatz verbindet medizinische, psychologische und physio- sowie ergotherapeutische Maßnahmen – individuell abgestimmt auf Ihre Bedürfnisse und Beschwerden. Informieren Sie sich gern über unsere Angebote – wir begleiten Sie auf dem Weg zu mehr Lebensqualität.

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